Eigenverantwortung

03.07.2014

«Die Stärkung der Eigenverantwortung ist unser wichtigstes Anliegen»

Eigenverantwortung

Der Vizedirektor Thomas Cavelti erklärt, wie man Spielsucht erkennt und was im Swiss Casinos Zürich dagegen unternommen wird.

Herr Cavelti, als stellvertretender Direktor von Swiss Casinos Zürich sind sie auch für die Umsetzung des Sozialschutzes zuständig. Was bedeutet das konkret?

Beim Spiel um Geld taucht der Gast in eine andere Welt ein. Er erlebt Nervenkitzel und hohe Spannung, denn er kann nicht nur gewinnen, sondern auch verlieren. Das Spiel hat deshalb einen enorm hohen Unterhaltungswert. Aber wie der Alkohol oder übermässiges Shoppen kann das Spielen um Geld zu Problemen führen. Und das wollen wir nicht. Eine gute Umsetzung des Sozialschutzes bedeutet für mich deshalb in erster Linie auch die Schattenseite anzusprechen, also offensiv zu informieren, die Eigenverantwortung und Kompetenz der Spieler zu stärken und in zweiter Linie Personen zu schützen, welche ihr Spielverhalten nicht mehr im Griff haben.

Wo hört die Eigenverantwortung der Spieler auf und wo muss das Casino aktiv werden um Personen vor sich selber zu schützen?

Die Stärkung der Eigenverantwortung der Spieler ist unser wichtigstes Anliegen. Wer die Kompetenz hat, sein eigenes Spielverhalten richtig einzuschätzen und seine Finanzen im Griff hat, spielt automatisch gesund und mit Freude. Bei den allermeisten Gästen ist diese Risikokompetenz bereits vorhanden, bei einigen hilft es, offensiv über die Gefahren des Spiels zu informieren. Andere ziehen von sich aus die Notbremse und lassen sich selber Sperren und bei ganz wenigen müssen wir eingreifen. Um es mit Zahlen zu untermauern: Bis heute haben uns ca. 130‘000 Menschen im Swiss Casinos Zürich besucht. Alle konnten sich über das Sozialkonzept und die Spielsucht informieren, ca. 4‘000 protokollierte Sozialkonzeptgespräche haben wir geführt, weniger als 600 haben sich selber sperren lassen und knapp 300 Gäste mussten wir angeordnet sperren. Immer da, wo wir die Verantwortung für den Spieler übernehmen, habe ich persönlich ein schlechtes Gefühl. Einige mussten wir sperren, weil sie uns keinen Einblick in ihre finanzielle Lage gewährten, einige sperrten wir, weil sie echte finanzielle Probleme hatten und einige waren wohl tatsächlich Spielsüchtige. Wie viele? Das ist nicht klar. Klar ist jedoch, dass wir diese Personen vom Spielbetrieb aller Schweizer Casinos ausgeschlossen haben. Ob sie damit vor sich selber geschützt sind, wage ich zu bezweifeln. Es gibt das Internet, Casinos im Ausland und illegale Angebote, welche – wenn man die Presse beachtet – anscheinend rege besucht werden. Die ausländischen Casinos nahe der Schweizer Grenze haben einen sehr hohen Anteil Schweizer Besucher.

Welche Personen sind besonders gefährdet die Kontrolle über ihr Spielverhalten zu verlieren?

Man sagt: Junge Männer seien besonders anfällig die Kontrolle zu verlieren, aber das gilt ja nicht nur für das Spielen um Geld.

Wie erkennen Sie Personen, bei denen Spielen zur Sucht geworden ist?

Spielsucht lässt sich nicht direkt erkennen, aber es gibt diverse Indikatoren, welche auf ein problematisches Spielverhalten hinweisen könnten. Bei uns fallen weitaus am meisten Spieler durch ihre häufigen Besuche auf. Bei mehr als 24 Besuchen innert zwei Monaten werden sie angesprochen. Ihre finanzielle Lage wird geprüft und in seltenen unproblematischen Fällen reicht die Angabe des Berufes. Oft sind aber weitere Angaben bis zu Lohnausweisen oder Bankauszügen notwendig. Merkmale gefährdeter Spieler sind zum Beispiel: langes Verweilen am Glücksspielautomat, besonders hohe Einsätze, negative Aussagen des Gastes über das eigene Spielverhalten oder seine finanzielle Lage, Verwahrloster Eindruck, ungewöhnliche Veränderung im Verhalten etc. Alle diese Indikatoren melden unsere Mitarbeitenden und wir gehen der Sache auf den Grund.

Aber es gilt zu bedenken: Wir erkennen wohl Auffälligkeiten und gehen diesen nach, aber einen hundertprozentigen Schutz können wir bei durchschnittlich 900 Gästen pro Tag, an Wochenenden oft das Doppelte, nicht bieten. Deshalb ein Appell an dieser Stelle: Bitte melden Sie Personen in Ihrem Freundes- oder Verwandtenkreis, wenn Sie Spielprobleme vermuten. Hinweise von Dritten nehmen wir gerne entgegen.

Welche Massnahmen ergreifen sie bei Personen die ein problematisches Spielverhalten an den Tag legen?

Stellen wir bei einer Person ein problematisches Spielverhalten fest, wird diese umgehend Schweizweit gesperrt – oft erfolgt die Sperre freiwillig, meistens aber durch uns angeordnet. Weitere Beratungshilfe bietet das Zentrum für Spielsucht und weitere Verhaltenssüchte Radix und die Fachstelle für Schuldenfragen im Kanton Zürich. Beide empfehlen wir anlässlich der Spielsperre und mit beiden arbeiten wir aktiv zusammen.