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Interview mit Christoph Boo, European Dealer Champion 2022

«Der beste Croupier Europas zu sein ist eine Ehre, die ich mir am Spieltisch täglich wieder erarbeiten muss»

Christoph Boo bei der Pokalverleihung im Casino von Monte-Carlo (Bild: Swiss Casinos)

Christoph Boo blickt auf seinen Sieg bei der European Dealer Championship zurück. Ein Gespräch über den unerwarteten Titel, schwierige Momente während der Meisterschaft und seine Faszination fürs Spiel.

Christoph, Ende Mai hast du das Finale der European Dealer Championship 2022 für dich entschieden. Wie war das für dich?
Boo: Überraschend.

Hättest du jemals gedacht, dass du gewinnen würdest?
Boo: Mir war bewusst, dass die Chance bestand. Ich bin aber nicht mit dem Ziel zu gewinnen an die Meisterschaft gereist. Vielmehr wollte ich ins Finale kommen.

Was bedeutet dir der Titel?
Boo: Es gibt nur wenige, die von sich behaupten können, Europameister in einem Gebiet zu sein, nicht? Insofern bedeutet mir der Titel sehr viel. Ich führe den Beruf des Croupiers seit 13 Jahren mit grosser Leidenschaft aus. Der Titel bestätigt mir, dafür geboren zu sein.

In welchen Disziplinen hast du dich beweisen müssen? 
Boo: Hauptsächlich musste ich am Roulette- und Black-Jack-Tisch zeigen, wie ich das Spiel leite. Genauso wichtig waren aber auch schnelles Denken, Gastfreundlichkeit, Chips sortieren, Chips stapeln, Chips schieben, Mathematik und Nerven aus Stahl.

Was kannst du besser als deine Mitstreiterinnen und Mitstreiter?
Boo: Das ist die alles entscheidende Frage. Meine Mitstreiterinnen und Mitstreiter sind ausgezeichnete Croupiers: schnell, präzise und korrekt. Was mir zum Sieg verholfen haben könnte, ist die Authentizität.

In welcher Hinsicht?
Boo: Ich versuchte nicht, künstlich humorvoll oder mitfühlend zu sein. Gewinne freuten mich, Verluste bedauerte ich auf authentische Art und Weise.

Gab es auch schwierige Momente während des Wettkampfs?
Boo: Ich war sehr nervös. Juroren, Mitstreiter und Casinoangestellte sahen meiner Performance sehr genau zu. Ich konnte buchstäblich fühlen, wie ihre Köpfe mitrechneten und ihre Augen prüften, wie schnell und präzise ich am Spieltisch vorging.

Sind dir auch Fehler passiert?
Boo: Im Finale habe ich mich bei einer Auszahlung verrechnet. Den Fehler habe ich korrigiert und mich mit einem humorvollen Spruch für die Wartezeit entschuldigt.

Ist so ein Wettkampf mit dem Arbeitsalltag eines Croupiers vergleichbar?
Boo: Die technischen Abläufe sind identisch. Diese muss man befolgen und nach Vorschrift arbeiten, so wie es sich in einem Casino gehört. Auch die Spielregeln und -abläufe sind gleich. Es gibt aber auch klare Unterschiede. Die Gäste sind keine Laien, sondern Juroren und die Chips haben keinen monetären Wert. Das beeinflusst das Spielverhalten. Ein Verlust ist nicht emotional. Als Croupier ist es demnach schwieriger, echte Gastfreundschaft zu zeigen.

Wie würdest du die Meisterschaft in Monaco beschreiben?
Boo: Es sind intensive Tage mit Leuten aus ganz Europa in einer anregenden und positiven Atmosphäre. Man vergleicht das eigene Arbeitsniveau mit dem der Mitstreiter und behält dabei eine gesunde Neugierde. Oft kommt man nicht aus dem Staunen heraus. Was man dort erlebt, ist begeisternd.

Woher kommt dein Interesse fürs Glücksspiel?
Boo: Spielen faszinierte mich schon als kleiner Bube. Karten und Brettspiele begleiteten meine Familie und mich oft in die Ferien. Danach kam das Interesse für Zauberei. Ich brachte mir Tricks mit Spielkarten, Geld, Münzen, Seilen und Tüchern bei und wurde bald auch auf dem Gebiet der Fingerfertigkeiten gut. 

Mit 18 Jahren wollte ich dann unbedingt einmal in die Welt des Glücksspiels eintauchen. Also ging ich am ersten Wochenende nach meinem 18. Geburtstag ins Casino. Der Croupier am Black Jack-Tisch ging flink mit Karten und Chips um. Das begeisterte mich.  Der Gedanke, einmal selbst als Croupier hinter einem Spieltisch zu stehen und ein Spiel anzuleiten, gefiel mir.

Wo hast du die Kunst des Dealens gelernt?
Boo: Ein Grossteil meiner Fingerfertigkeit verdanke ich der Zauberkunst. Die Kunst des Dealens selbst habe ich aber im Casino gelernt.

Wie und wann trainierst du, um dein Savoir-faire zu perfektionieren?
Boo: Bei meinen täglichen Arbeitseinsätzen am Spieltisch. Für mich ist das die beste Umgebung, mein Können zu perfektionieren, denn genau da muss ich es auch anwenden. Darüber hinaus brauche ich dafür die Karten, Chips und das Spieltuch, das ich nur im Casino zur Verfügung habe.

Was macht einen guten Croupier aus?
Boo: Hohe Fingerfertigkeit, oder zumindest viel Potenzial dafür. Ein talentierter Croupier muss aber auch eine gute Übersicht bewahren, flink im Kopf sein und schnell rechnen können. Vor allem aber muss er der perfekte Gastgeber sein – freundlich und zuvorkommend. Gastfreundschaft ist das oberste Gebot.

Gibt es Dinge, die dir nicht immer gelingen?
Boo: Es geht nicht darum, fehlerfrei zu sein. Das hat auch meine Performance im Finale der Meisterschaft gezeigt. Viel wichtiger ist die Art und Weise, wie wir aus einer Situation rauskommen, in der ein Fehler passiert ist. Wenn man die Fähigkeit hat, den Fehler unterhaltsam zu überspielen, wird er mit grosser Wahrscheinlichkeit verziehen.

Wo geht’s als Nächstes hin?
Boo: Das ist die beste Frage. Konkret weiss ich das auch nicht. Ich möchte der Europameisterschaft auf jeden Fall wieder beiwohnen – zum Beispiel als Zuschauer, einfach um es nochmals zu erleben. Nächstes Jahr werde ich zudem den Pokal zurückbringen und vielleicht als Juror dabei sein.

Also könnte man sagen, konkret geht’s als Nächstes an einen Spieltisch im Casino Zürich?
Boo: Genau. Der Beruf des Croupiers bleibt weiterhin meine Leidenschaft – Titel hin oder her. Mich Europameister nennen zu dürfen ist eine Ehre, die ich mir am Spieltisch täglich wieder erarbeiten muss.